Bericht zur Grossratssitzung vom 19. April 2023

Bericht zur Grossratssitzung vom 19. April 2023

Berichterstatter: Kantonsrat Mathias Dietz, Eschlikon

 

An der heutigen Ratssitzung sind 120 Ratsmitglieder anwesend und die Sitzung wird halbtägig durchgeführt.

 

1. Ersatzwahl eines Mitglieds der Justizkommission für den Rest der Amtsdauer

Anstelle von KR Cornelia Hasler-Roost (FDP) wird neu KR Andreas Wenger (FDP in der Justizkommission Einsitz nehmen.

 

2. Kantonsbürgerrechtsgesuche

Der Rat heisst zwei Kantonsbürgerrechtsgesuche von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern gut. Ebenso finden 74 Gesuche von Ausländerinnen und Ausländern die Zustimmung des Rates.

 

3. Interpellation von Turi Schallenberg und Marina Bruggmann vom 16. März 2022 "Verhältnisse von CareleaverInnen".

Die Interpellanten beantragen keine Diskussion. Demzufolge wird das Thema nicht besprochen, was für diejenigen etwas schade ist, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigt und auch ein Votum vorbereitet haben ...

 

4. Interpellation vom 21. Dezember 2022 "Prämienschock für den Mittelstand mildern"

Die Interpellantin KR Nina Schläfli verweist auf die hohen Gesundheitskosten, wovon vor allem der Mittelstand betroffen ist, weil er von den individuellen Prämienverbilligungen (IPV) nicht profitieren könne. Seit längerer Zeit steigen die Kosten laufend und es gibt wenig Handlungsspielraum. KR Sabina Peter-Köstli verweist in diesem Zusammenhang auf die Kostenbremse-Initiative.

Auch RR Urs Martin muss eingestehen, dass das Kostendämpfungsziel krass verfehlt wurde. Eigentlich sei es eine erfreuliche Entwicklung, dass unser -Gesundheitssystem so gut ist und dass Menschen immer älter werden können. Im Kanton TG werden Fr. 160 Mio für Prämienverbilligungen ausbezahlt. Das entspricht im Durchschnitt Fr. 550.- pro Person. Die Prämienverbilligungen werden durchs Sozialversicherungszentrum TG abgewickelt und die Kosten für die Programmierungen sind sehr hoch. Deshalb ist es jetzt nicht sinnvoll, vor einer allfälligen Gesetzesänderung auf Bundesebene 2024 oder 2025 etwas im Kanton umzustellen.

 

5. Finanzhaushaltsgesetz (FHG) (Redaktionslesung, Schlussabstimmung).

Die Vorlage passiert die Redaktionslesung ohne Diskussion. In der Schlussabstimmung stimmt der Rat der Änderung des Gesetzes über Strassen und Wege mit 112:0 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Das Behördenreferendum wird nicht verlangt.

 

6. Gastgewerbe- und Alkoholhandelsgesetz (GastG) (2. Lesung)

Im Vorfeld zur Behandlung dieses Traktandums sind die Wellen ziemlich hoch gegangen. Bei der letzten Ratsversammlung wurde einem Antrag auf Herabsetzung des Alters auf 12 Jahre für das Verweilen in einer Gaststätte auch nach 22 Uhr zugestimmt. Wir von der EVP waren geschlossen gegen diesen Entscheid und nach vielen Reaktionen aus der Bevölkerung war uns klar, dass wir diese Sache nicht so stehen lassen können. Unser Frauenfelder Kantonsrat Roland Wyss formulierte dann für die zweite Lesung den Antrag: "Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren, die nicht von einer erwachsenen Person begleitet sind, dürfen sich nach 22.00 Uhr nicht in Gastgewerbebetrieben aufhalten." Das ganze Votum von Roland Wyss kann hier nachgelesen werden: Link zu Votum.

Dem Antrag wird mit 80 zu 35 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt! Wir sind sehr glücklich über dieses Resultat. Dass anschliessend KR Linda Hess von der SP nochmals einen Antrag auf die ganze Streichung des Absatzes stellt, dafür haben wir wenig Verständnis. Wir fragen uns, von welcher «gelebten Praxis» sie spricht … - Ihr Antrag wird zum Glück abgelehnt. 

Die Redaktionslesung und die Schlussabstimmung erfolgen dann an der nächsten Ratssitzung.

 

7. Motion "Es bleibt keine Zeit - Finanzielle Wiedergutmachung für betroffene Menschen von Medikamententests in der Psychiatrischen Klinik"

Bei ihrem Eintretensvotum weist die Motionären KR Marina Bruggmann auf die Medikamentenversuche in der Klinik Münsterlingen hin. Es gelingt ihr, mit den Aussagen von Betroffenen viel Emotionen zu wecken. Ein Betroffener sagte: «Es wurde an mir als Kind ohne mein Wissen Medikamente getestet. Ich erlebe noch heute tiefe Abstürze.» Natürlich kann durch eine finanzielle Abgeltung nicht alles rückgängig gemacht werden, doch wäre es eine geringe Wiedergutmachung. Der Regierungsrat hatte im November 2021 einer Abgeltung zugestimmt, wenn das im Einklang mit einer schweizweiten Lösung stehe. Eine solche ist in weiter Ferne, weshalb der Kanton eine eigene Lösung suchen müsse. Laut RR Urs Martin gibt es zwei Möglichkeiten: Nichts tun wie andere Kantone oder etwas anzupacken. Es geht nicht um rechtliche Aufarbeitung. Es geht darum, ob betroffene Personen, die heute noch leben, eine finanzielle Wiedergutmachung erhalten. Mit der Pharmaindustrie wurde gesprochen. Es gibt aber noch keine Zusagen. Der Regierungsrat beantragt, die Motion erheblich zu erklären. Nach einer intensiven, emotionalen Diskussion wird die Motion mit 66:42 Stimmen bei 9 Enthaltungen erheblich erklärt. Der Kanton Thurgau übernimmt damit eine Pionierrolle in der Schweiz. Mit einer Enthaltung stimmen wir von der EVP der Motion zu.

Für die EVP ist und war der Testfall Münsterlingen von Anfang an eine Herzensgeschichte. Als EVP machten wir über 10% der Unterschriften aus für die Motion, die dem Regierungsrat am 23. November überreicht wurde. In der Fraktion brachten wir uns prägnant und kontinuierlich ein zugunsten einer Wiedergutmachung für Betroffene. Im Votum von Christian Stricker wurde sichtbar, dass es entscheidend ist, das Schweigen, das oft in Zusammenhang mit psychisch Kranken im Vordergrund steht, zu durchbrechen. Weitere Informationen sind auf der Homepage von Christian Stricker zu finden.

 

Im Anschluss an die Grossratssitzung traf sich noch die Parlamentarische Gruppe «Sport» und am Nachmittag die Parlamentarische Gruppe «Velo» unter der Leitung von EVP-KR Christian Stricker.