Carte blanche - Fang den Hut!

Carte blanche - Fang den Hut!

Fang den Hut!

Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein

Seit 2015 darf ich als Landrätin in der «Carte blanche» gemäss damals übermittelten Regeln meine Sicht zu einem politischen oder gesellschaftlichen Thema meiner Wahl darlegen. Abstimmungs-, nicht aber Wahlpropaganda sei möglich, willkommen seien auch persönliche Erlebnisse und Gedanken. Seither habe ich – Reduktion der Zeichenzahl ausgenommen – keine Änderungshinweise erhalten. Doch was vorerst unmerklich änderte, wurde mir diesen Herbst abrupt vor Augen geführt: Kurz nacheinander gingen mich Personen fragend an, ob ich nicht die sei, die jeweils in der Zeitung schreibe. Sie hätten mich kaum erkannt. Wohl ein leiser Hinweis, dass mein Foto mitaltern sollte...Gesagt, getan. Was auch änderte: Seit bald drei Jahren ist der Funktionsbeschrieb durch Gemeindepräsidentin ergänzt. Darüber, ob diese Hüte-Kombination hilfreich oder hemmend sei, ergeben  sich ab und zu interessante Gespräche. Die meisten sehen wie ich viel Positives darin. Wir haben ja alle mehrere Hüte an, respektive Rollen inne. Es ist, ganz gemäss Milizprinzip, hilfreich Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Letzthin kam mir dazu das im Titel genannte Hütchenspiel in den Sinn. Im grösser werdenden Hütchenturm sind die gefangenen Farben immer noch spür- und sichtbar. Doch bei Richtungsentscheiden ist die oberste Hutfarbe zentral. Das Baselbiet ist relativ zentralistisch mit viel Kompetenz beim Regierungsrat organisiert. Trotz gelegentlichem Gezanke, wer idealerweise Entscheide und Gelder in seiner Obhut haben soll, respektive wo Einheitlichkeit und wo Individualismus, sprich Gemeindeautonomie nutzbringender ist: Gemeinden und Kanton dienen alle unserer Bevölkerung. Sie will am Ende gute Leistungen für ihre Steuerfranken.

Unumstritten ist wohl das an der letzten Landratssitzung geänderte Gesetz über Mietzinsbeiträge. Mit ihnen wird die finanzielle Belastung von Familien und Alleinerziehenden knapp ober- und unterhalb der Anspruchsgrenze der Sozialhilfe gemindert. Die durch Kanton und Gemeinde zu leistenden Beiträge sollen helfen, den Eintritt von Familien und Alleinerziehenden in die Sozialhilfe zu verhindern und Schwelleneffekte beim Austritt abschwächen. Das nutzt allen, den Familien, Kanton und Gemeinden. Schwieriger wird es bei der gleichentags geführten Debatte über Berufsauftrag und Jahresarbeitszeit der Lehrpersonen. Auf der Sekundarstufe erteilen Klassenlehrpersonen als Kompensation für ihre Zusatzaufgaben gegenüber Fachlehrperson eine Unterrichtslektion weniger. Auf Primarstufe sollte jede Gemeinde künftig selber verhandeln, ob sie Klassenlehrpersonen ebenso eine Unterrichtslektion zugestehen, in anderweitigen Bereichen des Berufsauftrages weniger Arbeiten erwarten oder diese separat entlöhnen. Der Kanton erhoffte sich durchs Vorangehen guter Beispiele, dass mit der Zeit alle Gemeinden dem Kanton nachziehen würden. Doch der Landrat hat sich in diesem Teilbereich mit einer Stimme Unterschied für eine einheitliche Regelung entschlossen. Dies v.a. aus Gedanken der Qualitäts- und Attraktivitätssicherung für die Schulen und Arbeitsgeber.